Kleines Dorf mit großer Lebensqualität
In Oberwambach klappt das
Zusammenspiel der Generationen beispielhaft
40 Einwohner („Tendenz steigend“, wie Ortsbürgermeister Achim Ramseger schmunzelnd verrät), keine leer stehenden Häuser („Noch nicht mal eine Mietwohnung“), ein gut sortierter Lebensmittelladen, ein Lokal, Betriebe und Selbstständige – und eine generationsübergreifende, funktionierende Dorfgemeinschaft.
Oberwambach, hat alles, was sich vier-, fünf-, sechsmal so große Kommunen – nicht nur im AKLand – seit Jahren vergeblich wünschen oder im Laufe der Zeit schon längst verloren haben.
2000 Einwohner, kein einziges Geschäft, bloß eine SB-Filiale eines Geldinstituts, an der Durchgangsstraße ein Briefkasten – und etliche leer stehende Immobilien, deren teils vergilbte Verkaufsschilder trauriges Zeugnis davon ablegen, dass hier schon seit längerer Zeit vergeblich neue Besitzer gesucht werden.
Wer mit offenen Augen durch den ländlichen Raum fährt, kann solche Dörfer überall zwischen Flensburg und dem Alpenvorland, der Eifel und Frankfurt/ Oder entdecken. Nicht mit uns, denken und sagen die Oberwambacher, und legen sich tüchtig ins Zeug, damit ihr Ort eine andere Entwicklung nimmt.
„Wir müssen sehen, dass wir am Ball bleiben“,
unterstreicht Ortsbürgermeister Achim Ramseger im Gespräch mit unserer Zeitung nachdrücklich, während er aromatisch duftenden Kaffee ausschenkt.
„Die Dörfer müssen umdenken. Wir müssen in die Zukunft investieren. Da ist sich der Gemeinderat einig.“ Ortschef Ramseger ist seit 2008 im Amt. Zuvor leitete sein Vorgänger Heinz-Gerd Hasselbach 20 Jahre lang die Geschicke des Dorfes, in dem eine ganze Reihe der Gebäude auf den ersten Blick daran erinnert, dass auch dort– wie überall im Kreis Altenkirchen –
vor Jahrzehnten eine blühende Landwirtschaft betrieben wurde.
Landwirtschaft gibt es nur noch wenig – Pferde dagegen werden auch im Oberwambach gern gehalten. Heutzutage steht ein anderer Faktor auf der Prioritätenliste ganz oben. Er ist geradezu überlebenswichtig für die Dörfer. „Wir brauchen schnelles Internet. Wir wollen DSL haben. Internet ist unheimlich wichtig, nicht nur für Jugendliche, sondern auch für Betriebe und Selbstständige“, betont Ramseger und begrüßt ausdrücklich die Initiativen der Verbandsgemeindeverwaltung Altenkirchen, wo man bereits seit einiger Zeit für schnelleres Internet kämpft. Ob Unternehmen, Stadt oder Dorf – eine ansprechende Homepage gehört inzwischen zum guten Ton.
Ehrensache, dass auch Oberwambach im Internet seine Schokoladenseiten präsentiert. „Die Homepage ist ein Steckenpferd von mir“, verrät der Ortsbürgermeister. Jeden Monat freut er sich über etliche Hundert Zugriffe. Ein Projekt auf der Erfolgsspur ist der Dorfladen (siehe weiterer Bericht): „Den gab es schon vor dem Krieg“, erklärt der Ortsbürgermeister – und
es soll ihn auch in 10, 15, 20 Jahren noch geben.
Ein Drittel der Oberwambacher Einwohner ist älter als 60 Jahre. Etwas mehr als ein Drittel sind von 0 bis 21 Jahre alt. Der Rest füllt die Lücke dazwischen. Was sagt uns das? Der Ort darf sich über eine gesunde Generationenstruktur freuen. „Wir haben es geschafft, viele junge Leute hier zu behalten“, sagt Achim Ramseger nicht ohne Stolz, „auch in diesem Jahr haben wieder welche gebaut.“ Wer nicht neu baut, baut um oder aus. Auch keine schlechte Idee, denn „wir haben absolut keine Leerstände im Ort, weder Häuser noch Wohnungen“. Umgebaut hat auch der Bürgermeister selbst, der aus dem Nachbarkreis Neuwied stammt und seit den 70er-Jahren in Oberwambach lebt. Das Elternhaus der Ehefrau, in dem Ramsegers leben, erhielt einen gemütlichen Wintergarten – ein erwachsener Sohn bezog eine neue Wohnung im selben Gebäude.
Reges Vereinsleben kennzeichnet Oberwambach: Der MGV Eintracht wird 2013 110 Jahre, der Frauenchor feiert seinen 30. Geburtstag, und die Jugendfreunde Oberwambach wurden vor 20 Jahren gegründet. „Wir haben viele Kinder im Ort“, freut sich Achim Ramseger und liefert damit den Grund für die Gründung des letztgenannten Vereins. Denen wollte man etwas bieten und setzte bereits vor zwei Jahrzehnten auf Kinder- und Jugendarbeit.
Das wollen wir auch noch lange durchhalten“, so der Ortschef. 1990 ging erstmals der Nikolaus durch den Ort, beschenkte die Kleinen mit süßen Tüten und einem weiteren Präsent. Die Kinder von damals engagieren sich heute selbst im Verein. „Die
Jugendfreunde sind eine einzigartige Idee. Ich wüsste nicht, dass es im Umkreis etwas Ähnliches gibt“, stellt Ramseger zufrieden fest.
Aus dem Iran in den Westerwald
50er-Jahren im Iran. Inzwischen lebt der 58- Jährige seit den 90er- Jahren in Oberwambach– und hat seine Entscheidung
für den kleinen Ort im AK-Land noch keinen Tag bereut.
„Ich würde jederzeit wieder hierhin ziehen“,
betont Daryoush Ghadiri lächelnd im Gespräch mit der Rhein- Zeitung. „Die ganze Familie ist integriert. Eine Tochter hat einen Oberwambacher geheiratet“, verrät Ortsbürgermeister Achim Ramseger schmunzelnd.
1998 startete Ghadiri mit einem Imbiss, seit 2002 betreibt er das Restaurant Daryoush. Dort gibt es Pizza, aber auch klassische Hausmannskost wie beispielsweise Schnitzel „und sehr gute Steaks“, schaltet sich Ramseger ein. Daryoush Ghadiri lebt und arbeit in einem geschichtsträchtigen Gebäude.
Schon vor dem Krieg lud dort ein Lokal zum Verweilen ein. „Das Haus wurde über die Jahre immer wieder erweitert
und permanent renoviert“, erläutert Achim Ramseger. In einem Nebenraum proben die Gesangvereine des Dorfes. Singt Wahl-Oberwambacher Ghadiri auch mit? „In Zukunft vielleicht, wenn ich nicht mehr arbeiten muss“, überlegt er.
Rhein-Zeitung: 28. September 2011
Redakteurin: Gudrun Kaul